Mythen und Tatsachen zum Elektroauto
Das Thema Elektromobilität nimmt immer weiter an Fahrt auf. Die Zukunft bedeutet elektrischen Personeneinzelverkehr. Autos werden immer seltener mit klassischen Verbrenner-Motoren unterwegs sein. Dies sei gut für die Umwelt, gut in Sachen Nachhaltigkeit und auch für den Verbraucher die bessere Wahl. Aber in wie weit stimmt das tatsächlich? Was ist dran an vielen (Vor-)urteilen über das E-Auto? eAutoCity bringt Licht ins Dunkel.
Wie steht es um den CO2-Außsstoß?
In Bezug auf Elektrofahrzeuge mit Lithium-Ionen-Batterie ist häufig zu lesen, dass diese einen „CO2-Rücksack“ mit sich tragen. Bei der Produktion einer Batterie mit einer Kapazität von 100 kWh liegt dieser Rucksack bei 17 Tonnen CO2. Das geht zumindest aus einer Metastudie hervor, die aus Schweden stammt und viel Beachtung gefunden hat. Tatsächlich ist diese mittlerweile gleich in mehreren Punkten überholt. So verfügen bis heute die wenigsten Fahrzeuge über 100 kWh in ihren Akkus. Dies trifft nur auf sehr leistungsstarke und hochpreisige Fahrzeuge wie den Porsche Taycan oder den Audi e-tron zu. Die Regel sind eher Kapazitäten zwischen 30 kWh bis 70 kWh.
In 2019 erschien seitens des IVL eine Anschlussstudie mit verbesserten Zahlen. Hier liest man Werte von durchschnittlich 61 bis 106 Kilogramm pro kWh der hergestellten Batterie. Die Hersteller selbst sind nicht besonders durchsichtig wenn es um diesen – tatsächlich insgesamt schwer zu bestimmenden – Wert geht. Der Gesamtausstoß der Lithium-Ionen-Batterie reduziert sich durch nachhaltigere Produktionsmethoden und erneuerbare Energien zudem mit den Jahren fortlaufend.
Schaut man hingegen auf den kompletten Lebenszyklus im Vergleich von Benzin und Diesel zu Elektro, so kann man auf eine sehr aktuelle Studie der TU Eindhofen im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen verweisen. Hierbei ergibt sich, dass ein Tesla Model 3 mit dem hiesigen Strom-Mix in Europa nach ca. 30.000 Kilometern klimafreundlicher als ein vergleichbarer Mercedes C 220d dasteht. Zugrunde gelegt wurde dabei eine Gesamtlaufleistung von 250.000 Kilometern.
Auch Wissenschaftler wie Prof. Dr. Quasching – seines Zeichens Professor für regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin bestätigen diese Sichtweise. Dabei erfolgt auch immer der Hinweis, dass man die heutigen Werte aufgrund der Ausbreitung der Elektromobilität im Laufe der Jahre weiter zugunsten der E-Autos revidieren muss. Ziel muss es sein, insbesondere die CO2 intensive Batteriefertigung mit CO2 neuralem Strom zu bewerkstelligen. Der Ausstoß von klassischen Verbrennern wird sich hingegen so lange fortsetzen, wie diese in Gebrauch sind.
Was macht den Akku im Elektroauto aus?
Ohne Lithium-Ionen-Batterie kann kein Elektroauto bewegt werden. Zur Herstellung wird Lithium, Nickel, Cobalt, Mangan und Kohlenstoff benötigt. Tatsächlich handelt es sich dabei nicht unbedingt um seltene Erden bzw. Metalle der Seltenen Erden. Studien haben herausgestellt, dass die Rohstoffe – die auch für Akkus z. B. in Mobiltelefonen benötigt werden – nicht so selten sind wie oft angenommen. Engpässe resultieren hauptsächlich durch den Stau bei der Erschließung von neuen Förderquellen.
Zudem können Nickel oder Cobalt durch Recycling in hohem Maße (90 Prozent) zurückgewonnen werden. Ein wichtiger Vorgang, da beim erstmaligen Abbau der Rohstoffe in Gebieten wie Australien und Chile, Argentinien oder Bolivien problematische Verhältnisse in Bezug auf Arbeitsbedingungen und Umweltschutz herrschen. Prof. Dr. Volker Quasching weist zudem darauf hin, dass auch die Abnehmer der Batterien Einfluss darauf nehmen sollten, dass sich die Arbeits- und Umweltbedingungen bei der Förderung verbessern. Innovative Vordenker wie der Tesla CEO Elon Musk arbeiten zudem daran, den Rohstoffbedarf generell zu verringern und die Produktion zu optimieren.
Der Akku an sich wird immer mehr dahin entwickelt, dass er höhere Reichweiten schafft. Und zwar nicht nur deshalb, damit der Konsument die im Verbrennungsmotor gewohnten Reichweiten erreicht und sogar übertrifft. Dabei sind neue Batterieformen (wie die Feststoffbatterie) noch gar nicht berücksichtigt worden. Im Gegensatz zum Verbrenner kann das Herzstück – also die Batterie – nach ihrem „Autoleben“ häufig noch für andere Zwecke verwendet werden.
Ladeprozess als Herausforderung?
Im Gegensatz zum klassischen Betanken mit konventionellen Kraftstoffen scheint der Ladeprozess beim Elektroauto noch nicht ganz ausgereift zu sein. Kurze Reichweiten und wenige Ladepunkte erscheinen als Hemmnis. Um dies zu vermeiden gibt es eine ganze Menge verlässliche Suchhilfen im Internet wie z. B. ladesaeulenregister.de. Schätzungen zufolge finden zudem viele Ladevorgänge zuhause oder am Arbeitsplatz statt. Zudem sind schnellere Bezahlsysteme beim Nutzen der Ladesäule auf dem Vormarsch. Wer kein ausgewiesener Langstreckenfahrer ist, kann mit den gegebenen Möglichkeiten also durchaus auskommen.
Das Netz wird laufend ausgebaut. In den Fahrzeugen selbst sind ebenso immer bessere Systeme zum Finden von Ladepunkten integriert. Energieversorger weiten ihr Netz aus. Dennoch sind bei längeren Strecken momentan noch eine stärkere Vorausplanung und längere Wartezeiten einzuplanen. Zudem haben große Städte und Metropolen sowie Knotenpunkte an Autobahnen natürlich einen gewissen Vorteil bei der Priorisierung. Auch die Politik forciert einen Ausbau des Netzes und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit den Druck auf den weiteren Ausbau erhöhen. Wer z. B. auf der Urlaubsfahrt nicht auf die bisherigen Abläufe verzichten will, der kann die Klimabilanz auch dadurch verbessern, dass er zu diesen speziellen Vorhaben einfach einen entsprechenden Wagen mit hoher Reichweite anmietet.
Sind die Kosten unerschwinglich?
Stimmt es wirklich, dass sich nur Wohlhabende den mit der Elektromobilität in Verbindung gebrachten Umweltschutz leisten können? Nicht unbedingt. Um dies festzuhalten lohnt der Blick in eine Studie von 2018 des icct. Hier wurde der VW Golf in allen verfügbaren Ausstattungen verglichen und hatte als e-Golf die insgesamt beste Bilanz. Dabei war dieses Fahrzeug nicht einmal ein besonders modernes Konzept, da es noch auf einer Verbrenner-Basis steht.
Wichtig dabei ist, dass auch die verfügbaren Förderprogramme voll ausgenutzt werden. Nicht vergessen darf man ebenfalls, dass die Kosten des Treibstoffes sich unterscheiden. So ist Strom in Sachen Energiemenge zwar teurer, aber die Entfernung die zurückgelegt werden kann ist drei bis fünfmal so hoch. Dazu kommt der geringe Wirkungsgrad des Verbrenners. Er schafft – selbst unter Optimalbedingungen – 40 Prozent, während der Elektroantrieb auf bis zu 90 Prozent kommt.
Instandhaltung, Reparatur etc. sind bei einem Verbrennungsmotor ebenfalls deutlich intensiver als bei einem Auto mit Akku. Durch die Zurückgewinnung von Energie bleibt der Abrieb der Bremsen geringer. Incentives wie kostenfreies Parken/Laden oder günstigere Versicherungen darf man auch nicht vergessen. Dies muss in Bezug zum teureren Anschaffungspreis gesehen werden.
Dennoch sind E-Autos teuer und ein einfacher Ersatz scheint für viele Menschen nicht effizient. Doch die Preise werden sich durch optimierte Herstellungsprozesse und höhere Mengen verbessern. Es darf nicht vergessen werden, dass die Elektromobilität noch nicht so lange am Markt ist wie der Verbrenner. Gebrauchte Elektroautos können ebenso eine Option sein.
Welchen Fahrspaß bietet ein Elektroauto?
Hier haben Elektroautos diverse Vorteile. Insbesondere bei der Beschleunigung können schon mit kleinen Batterien beeindruckende Werte erreicht werden. Ein Tesla Model 3 Performance beschleunigt in 3 Sekunden von 0 auf 100. Das entspricht fast einem G. Wer schon einmal einen Fallschirm- oder Bunge-Sprung gemacht hat kann dies nachvollziehen. Im Bereich von 0 – 50 Km/h haben die meisten Elektroautos einen unschlagbaren Vorteil. Zudem ist die Power ohne Wartezeiten vorhanden.
Auf prestigeträchtigen Rennstrecken wie der Nordschleife kommen die Fahrzeuge locker unter die Top 5. Ehrlicherweise muss bei extremer Fahrweise bedacht werden, dass viele Hersteller zur Schonung der Batterie die Leistung ab einem bestimmten Zeitpunkt einschränken.
The New Sound?
Elektroautos verfügen über eine gänzlich andere Tonkulisse als Verbrenner. Doch ist ein extremes Soundkonzert wirklich so häufig nötig? Insbesondere in den Städten werden die Regeln diesbezüglich immer weitreichender. Fürsprecher des E-Autos führen an, dass die Motorengeräusche auch durch die Historie entstanden sind. Bei Elektroautos muss seit 2019 jedes neu zugelassene Modell unter 20 km/h einen wahrnehmbaren Ton abspielen um Fußgänger rechtzeitig auf sich aufmerksam zu machen.
Mythen und Legenden zum Elektroauto!
Um das Thema Elektroauto ranken sich viele Behauptungen, die einer näheren Betrachtung bedürfen:
Reicht der Strom?
Laut ADAC würden 10 Mio. neue Elektroautos den Stromverbrauch um 30 Terrawattstunden erhöhen (5,6 Prozent vom gesamten Stromverbrauch in Deutschland). Hierzu ist es interessant zu wissen, dass Deutschland 2019 insgesamt über 35 Terrawattstunden mehr ins Ausland verkauft als eingekauft hat. Zudem wird die Kapazität laufend ausgebaut. Genauso wie das Ladenetz für diese Autos.
Bricht das Stromnetz bei gleichzeitiger Ladung zusammen?
Dies ist nur theoretisch möglich. Um tatsächlich eine problematische Auslastung zu erreichen, müsste eine unwahrscheinlich große Anzahl an Nutzern zur gleichen Zeit mit hoher Leistung Strom ziehen. Netzbetreiber testen zudem eine verbessertes Kommunikation zwischen Säule und Anbieter.
Sind Batterien gefährlicher als klassische Motoren?
Tatsächlich kann natürlich auch eine Batterie in Brand geraten. Die Brandbekämpfung unterscheidet sich von der bei einem Verbrenner. Hierauf müssen die Feuerwehr, die Ingenieure und auch andere Institutionen wie die Betreiber von Tiefgaragen sich einstellen. Grundsätzlich entsteht im Brandfall aber kein schnelleres oder heißeres Feuer. Brandursache sind normalerweise Unfälle. Bei Kurzschlüssen unterbricht die Bordsoftware auch die Batterie abschaltet.
Fazit
Insgesamt scheint die Lücke der unterschiedlichen Mobilitätskonzepte nicht so groß wie häufig angenommen. Die Klimabilanz ist schon heute gut, ein Elektroauto kann komplett alltagstauglich sein und ist in Sachen Fahrspaß kein Downgrade. Unbedingt verbessert werden muss der Rohstoffkreislauf. Auch die hohen Erstanschaffungskosten sollten weiter nach unten gehen um die Akzeptanz in der breiten Masse zu verbessern.